Nach einem Verkehrsunfall kann ein Bußgeldverfahren oder ein Strafverfahren eingeleitet werden.
Aufgaben der Polizei nach einem Verkehrsunfall
Wenn bei einem Verkehrsunfall die Polizei hinzugerufen wird, leitet diese in der Regel auch ein Ermittlungsverfahren gegen denjenigen ein, der den Unfall wahrscheinlich verschuldet hat. Daneben gibt es selbstverständlich eine Reihe weiterer Aufgaben der Polizei. Die eigentliche Aufgabe der Polizei am Unfallort ist es jedoch festzustellen, ob ein bußgeld- oder strafrechtlich relevantes Verhalten vorliegt.
Dies bedeutet insbesondere: Die Polizei ist nicht für die Regulierung von Schadensersatzansprüchen zuständig. Dass die Unfallaufnahme und die Beweissicherung durch die Polizei später einmal bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen nützlich sind, ist nur ein (für den einen mehr, für den anderen weniger erfreulicher) Nebeneffekt der Anwesenheit der Polizei am Unfallort.
Strafbares Verhalten
Ob ein Bußgeld- oder Strafverfahren eingeleitet wird, hängt davon ab, „was passiert ist“. Ergeben sich Hinweise auf ein, so wird ein Strafverfahren eingeleitet werden. Sind Anhaltspunkte hierfür aber nicht zu erkennen, so wird geprüft, ob ein Bußgeldverfahren (z. B. wegen einer Vorfahrtverletzung) einzuleiten ist.
Hinweise auf ein strafbares Verhalten sind z. B.:
- bei Kfz-Fahrern eine Blutalkoholkonzentration von mehr als 1,1 ‰, ohne Unfall oder auffälligem Verhalten, Trunkenheit (§ 316 StGB),
- bei Fahrrad-Fahrern eine Blutalkoholkonzentration von mehr als 1,6 ‰ (§ 316 StGB),
- Einnahme von Drogen, außer bei THC ohne Grenzwert nach unten (§ 316 StGB),
- bei Kfz- und Fahrradfahrern mehr als 0,3 ‰ oder Einnahme von Drogen (und deshalb Unfall verursacht), Gefährdung des Straßenverkehrs (§ 315c Abs. 1 Nr. 1 StGB ),
- Vorliegen einer der 7 „Todsünden“ des Straßenverkehrs, auch ohne Alkohol und Drogen (§ 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB),
- ein Beteiligter hat den Unfallort verlassen, Unerlaubtes Entfernen (§ 142 StGB),
- Verletzung eines Unfallbeteiligten, Körperverletzung (§ 229 StGB),
- Tod eines Unfallbeteiligten, Tötung (§ 222 StGB)
Da es auch Unfälle gibt, an denen keinen der Beteiligten eine Schuld trifft, kann es auch vorkommen, dass die Polizei keinerlei Ermittlungen aufnimmt. Hier einige Beispiele für Fälle ohne Bußgeld und Strafe.
Achtung! Auch wenn die Polizei am Unfallort den vermutlich Schuldigen benennt, so ist dadurch überhaupt nicht abschließend entschieden, wer wirklich schuldig ist. Weder der eine noch der andere Unfallbeteiligte können daraus, was die Polizeibeamten zum Unfallgeschehen laut denken, irgendwelche Rechte herleiten.
Hinweis: Polizei, Staatsanwaltschaft oder Bußgeldbehörde können von einem Ermittlungsverfahren wegen einer Ordnungswidrigkeit (Bußgeldverfahren) jeder Zeit zu einem Strafverfahren wechseln und umgekehrt.
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Aufgaben der Polizei
Selbstverständlich hat die Polizei am Unfallort noch andere Aufgaben, so zum Beispiel die Organisation der Rettungskräfte oder die Regelung bzw. Umleitung des Verkehrs. Bei den weitaus meisten Verkehrsunfällen jedoch ist weder das Eine noch das Andere erforderlich. Dann erscheint die Polizei wirklich nur am Unfallort, um zu prüfen, ob Staatsanwalt oder Bußgeldbehörde tätig werden müssen.
Trunkenheit
§ 316 StGB. Trunkenheit im Verkehr.
(1) Wer im Verkehr … ein Fahrzeug führt, obwohl er infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, … .
(2) Nach Absatz 1 wird auch bestraft, wer die Tat fahrlässig begeht.
Gefährdung Straßenverkehr
§ 315c StGB. Gefährdung des Straßenverkehrs.
(1)Wer im Straßenverkehr
1. ein Fahrzeug führt, obwohl er
a) infolge des Genusses alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel oder
b) infolge geistiger oder körperlicher Mängel
nicht in der Lage ist, das Fahrzeug sicher zu führen, …
2. …
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Die 7 „Todsünden“
§ 315c StGB. Gefährdung des Straßenverkehrs.
Die 7 „Todsünden“ im Straßenverkehr:
(1) Wer im Straßenverkehr
1. …
2. grob verkehrswidrig und rücksichtslos
a) die Vorfahrt nicht beachtet,
b) falsch überholt oder sonst bei Überholvorgängen falsch fährt,
c) an Fußgängerüberwegen falsch fährt,
d) an unübersichtlichen Stellen, an Straßenkreuzungen, Straßeneinmündungen oder Bahnübergängen zu schnell fährt,
e) an unübersichtlichen Stellen nicht die rechte Seite der Fahrbahn einhält,
f) auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen wendet, rückwärts oder entgegen der Fahrtrichtung fährt oder dies versucht oder
g) haltende oder liegengebliebene Fahrzeuge nicht auf ausreichende Entfernung kenntlich macht, obwohl das zur Sicherung des Verkehrs erforderlich ist,
und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Unerlaubtes Entfernen
§ 142 StGB. Unerlaubtes Entfernen vom Unfallort.
(1) Ein Unfallbeteiligter, der sich nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, bevor er
1. zugunsten der anderen Unfallbeteiligten und der Geschädigten die Feststellung seiner Person, seines Fahrzeugs und der Art seiner Beteiligung durch seine Anwesenheit und durch die Angabe, dass er an dem Unfall beteiligt ist, ermöglicht hat oder
2. eine nach den Umständen angemessene Zeit gewartet hat, ohne dass jemand bereit war, die Feststellungen zu treffen,
wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Nach Absatz 1 wird auch ein Unfallbeteiligter bestraft, der sich
1. nach Ablauf der Wartefrist (Absatz 1 Nr. 2) oder
2. berechtigt oder entschuldigt
vom Unfallort entfernt hat und die Feststellungen nicht unverzüglich nachträglich ermöglicht.
(3) Der Verpflichtung, die Feststellungen nachträglich zu ermöglichen, genügt der Unfallbeteiligte, wenn er den Berechtigten … oder einer nahe gelegenen Polizeidienststelle mitteilt, dass er an dem Unfall beteiligt gewesen ist, und wenn er seine Anschrift, seinen Aufenthalt sowie das Kennzeichen und den Standort seines Fahrzeugs angibt und dieses zu unverzüglichen Feststellungen für eine ihm zumutbare Zeit zur Verfügung hält. …
(4) …
Körperverletzung
§ 229 StGB. Fahrlässige Körperverletzung
Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung einer anderen Person verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Tötung
§ 222 StGB. Fahrlässige Tötung
Wer durch Fahrlässigkeit den Tod eines Menschen verursacht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
Ohne Bußgeld und Strafe
Es gibt auch Unfälle, bei denen keinem der Beteiligten eine straf- oder bußgeldrechtlicher Vorwurf gemacht werden kann, z. B.:
• Unfall wegen Wildwechsels trotz vorsichtiger und umsichtiger Fahrweise
• ein Kind tritt plötzlich auf die Straße, und sein Erscheinen war absolut unvorhersehbar (z. B. spät nachts außerhalb von Wohngegenden oder Ortschaften)
• nicht erkennbare Ölspur in einer Kurve, die zum Schleudern des Pkw führt